Rechtstipps

Festnahme und Untersuchungshaft:

Im Falle der vorläufigen Festnahme ist ein Beschuldigter spätestens am nächsten Tag dem Richter vorzuführen. Dieser entscheidet darüber, ob Untersuchungshaft angeordnet wird. Die U-Haft wird in Bayern meistens in der JVA München - Stadelheim vollzogen.

Im Falle der Festnahme ist dringend anzuraten, sich umgehend mit einem Fachanwalt für Strafrecht in Verbindung zu setzen. Die mit einer Festnahme verbundene Aufregung und Unwissenheit, wie es nun weitergeht, macht es einem Beschuldigten häufig unmöglich, sich selbst um seine Verteidigung zu kümmern.

Machen Sie keine Angaben, sondern berufen Sie sich auf Ihr Aussageverweigerungsrecht, und beraten Sie sich zunächst mit Ihrem Anwalt. Nehmen Sie im Falle der U-Haft die Möglichkeit wahr, Ihren Pflichtverteidiger selbst auszuwählen. Näheres dazu können Sie lesen unter  Pflichtverteidigung und in meinem Artikel "Untersuchungshaft, Festnahme- richtig reagieren, Anwalt kontaktieren" auf anwalt24.de.

Als Strafverteidigerin bin ich auch am Wochenende über meinen Notdienst zu erreichen,

                                 Tel.: 0176 / 354 59 870.


Vernehmung als Beschuldigter:

Ein Beschuldigter hat das Recht, keine Angaben zu machen. Er hat ein sog. Aussageverweigerungsrecht. So lange ein Beschuldigter schweigt, kann dies nicht gegen ihn verwendet werden.
Das klingt so einfach - die Erfahrung lehrt aber, dass viele in der Praxis  damit überfordert sind. Auch die Beantwortung scheinbar nebensächlicher Fragen "nur" mit ja oder nein stellt bereits eine Aussage dar. Schweigen bedeutet tatsächlich absolut nichts sagen - weder auf Fragen, die einem Beschuldigten sinnvoll erscheinen noch auf solche, welche er nicht einordnen kann, welche er für "harmlos" hält. Ein Polizist stellt Fragen nicht aus privatem Interesse, sondern immer, weil er die Vorstellung hat, dass sie für seinen Fall von Bedeutung sein könnten.
Eine Vernehmung als Beschuldigter sollte auf keinen Fall ohne anwaltlichen Beistand erfolgen. Um überhaupt entscheiden zu können, ob eine Aussage sinnvoll ist, sollte man auf "Augenhöhe" mit den Ermittlungsbehörden sein. Dafür ist zunächst Einsicht in die Akte erforderlich, welche der Strafverteidiger einholen wird und sodann dessen qualifzierte Beratung.
In Strafverfahren wg. Verstosses gegen das Betäubungsmittelgesetz gilt die Besonderheit der sog. "Kronzeugenregelung." Gem. § 31 BtmG kann eine Strafe gemildert oder sogar ganz von Strafe abgesehen werden, wenn ein Täter u.a. die Tat über seinen eigenen Tatbeitrag hinaus aufklärt, m.a.W.: andere Personen benennt, welche "Drogenstraftaten" begangen haben.

Auch die Wahrnehmung dieser "Kronzeugenregelung" sollte erst mit einem Fachanwalt für Strafrecht besprochen werden. Denn immer wieder kommt es vor, dass Beschuldigte umfassende Angaben zu anderen Personen machen, sich zugleich aber selbst damit weit über das hinaus belasten, was ihnen bis zum Zeitpunkt der Vernehmung hätte nachgewiesen werden können.


Beschlagnahme und Durchsicht des Handys durch die Polizei

Eine Pflicht zur Herausgabe des Handys besteht nicht, sofern nicht ein richterlicher Beschluss vorliegt oder die Polizei ausdrücklich die Herausgabe wegen Gefahr im Verzug anordnet.
Niemand ist verpflichtet, seine PIN bekannt zu geben. Dies folgt aus dem Grundsatz, dass sich niemand selbst zu belasten braucht. Es kann also niemand gezwungen werden, selbst aktiv an seiner eigenen Überführung mitzuwirken. Er hat dazu sein Aussageverweigerungsrecht.
Werden Handy und PIN freiwillig herausgegeben, kann alles, was im Handy aus Sicht der Ermittlungsbehörden für die erhobenen Vorwürfe von Interesse ist, gegen den Beschuldigten verwendet werden.
Etwas Anderes gilt, wenn der Beschuldigte nicht mitgewirkt hat.
Immer wieder kommt es vor, dass die Beschlagnahme eines Handys nicht rechtmäßig war.
In den Fällen gilt grundsätzlich, dass die Beweisanzeichen, also die chats, die Kontakte, etc. welche sich aus dem Handy ergeben haben, nicht verwertbar sind (so das AG Tiergarten, Beschluss vom 25.1.2018), d.h.: sie können nicht als Beweise für die gegen einen Beschuldigten erhobenen Vorwürfe verwendet werden.

Ich habe zu dieser Problematik, auch unter besonderer Berücksichtigung bei Verstössen gegen das Betäubungsmittelgesetz, einen informativen Artikel veröffentlicht.


Jugendstrafrecht / Elternkonsultationsrecht gem. § 67 JGG

Ein jugendlicher Beschuldigter ist aufgrund seiner geringeren Lebenserfahrung und der Entwicklungsprozesse, in welchen er sich befindet, besonders schutzbedürftig. Auch wenn ein Jugendlicher ordnungsgemäß über sein Schweigerecht und sein Recht, einen Anwalt zu konsultieren, belehrt wurde, ist er häufig nicht in der Lage, dieses Schweigerecht gegenüber der Polizei wahrzunehmen. So wird davon ausgegangen, dass ein jugendlicher Beschuldigter neben dem Anwaltskonsultationsrecht auch ein Elternkonsultationsrecht hat gem. § 67 JGG. Er hat also das Recht, erst einmal mit seinen Eltern zu sprechen und sich mit ihnen zu beraten, ob er von seinem Schweigerecht Gebrauch macht, ob ein Anwalt hinzugezogen wird. Auch über dieses Elternkonsultationsrecht ist er durch die Polizei zu belehren. Dies sehen auch die Dienstvorschriften der Polizei so vor. Wenn dies nicht geschieht, kann dies dazu führen, dass die Aussage eines jugendlichen Beschuldigten später nicht für die Gerichte verwertbar ist.


Betäubungsmittelrecht - Handeltreiben / wann liegt das vor?

Handeltreiben ist jede eigennützige, auf Umsatz gerichtete Tätigkeit. Diese kann auch eine einmalige, gelegentliche oder nur vermittelnde Tätigkeit sein. Wird eine Droge nur zum Selbstkostenpreis abgegeben, liegt grundsätzlich kein Handeltreiben vor, sondern (nur) ein Verkauf. Die unentgeltliche Übergabe stellt eine - strafbare - Abgabe dar. Verkaufsverhandlungen, welche eine verbindliche Absprache enthalten, stellen i.d.R. bereits ein Handeltreiben dar.  Auch andere Vorbereitungshandlungen wie die Beschaffung von Streckmitteln, Feinwaage, Verpackungsmaterial können im Falle einer verbindlichen Absprache bereits Handeltreiben sein, auch wenn es tatsächlich sodann nicht zur Übergabe der Drogen kommt.

Da seitens der Polizei versucht wird, den Beweis für eine Absprache über die Chats in einem smartphone zu führen, sollte dieses nicht freiwillig herausgegeben werden. Wird es beschlagnahmt, ist niemand verpflichtet, den PIN bekannt zu geben - dies kann auch nicht durch einen richterlichen Beschluss erzwungen werden.


Betäubungsmittel / Drogenkauf im Internet / Darknet:

Der Kauf jeglicher Art von Drogen über das Internet  - Clearnet und Darknet - hat deutlich zugenommen. Mit Interesse wurden die Fälle des Drogenverkaufs über die websites "silkroad" und "shiny-flakes" in den Medien verfolgt. Dem Aufdecken dieser, aber auch anderer Verkaufsplattformen für Betäubungsmittel wie Amphetamin, Crystal Meth, XTC, Marihuana, Kokain folgten und folgen eine Vielzahl von Ermittlungsverfahren gegen vermeintlich identifizierte Käufer. Allein der Umstand, dass eine Person mit Namen und Anschrift in der Datenbank dieser  Drogenverkaufswebsites auftaucht, reicht aber i.d.R. nicht für eine strafrechtliche Verurteilung. Diese setzt grundsätzlich voraus, dass eine Bestellung, sofern  sie eine geringe Menge nicht übersteigt, auch zum Versand gegeben wurde. Dieses Kriterium bleibt häufig zweifelhaft mit der Folge, dass ein Verfahren einzustellen ist.  Auch dann, wenn die bestellte Menge nicht mehr als "gering" zu werten ist, bestehen aufgrund der Fehleranfälligkeit und Organisation solcher websites gute Verteidigungschancen.

Wichtig ist, dass von Beginn des Verfahrens an, also bereits bei Erhalt der polizeilichen Vorladung, ein auf diesem Gebiet erfahrener Fachanwalt für Strafrecht eingeschaltet wird und der Kontakt zu den Ermittlungsbehörden ausschließlich über den Strafverteidiger erfolgt. Nur dann ist davon auszugehen, dass die strafprozessual richtigen Schritte vorgenommen werden, die einschlägige Rechtsprechung bekannt ist und berücksichtigt wird.

Weiteres dazu in meinem Artikel "Drogenkauf im Internet und Darknet".

 

Drogen und Führerschein

Der Führerschein ist nicht nur in Gefahr, wenn man mit Drogen (oder Alkohol) im Blut am Steuer angetroffen wird. Bereits der Besitz von Drogen kann zu Maßnahmen der Führerscheinbehörde führen. Es ist fast schon als Standard zu bezeichnen, dass in Verfahren wg. Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz die Akte nach Abschluß des Verfahrens an die zuständige Führerscheinbehörde abgegeben wird. Die im Strafverfahren strafmildernde Angabe, dass die bei einem Beschuldigten aufgefundenen Drogen zum Eigenkonsum bestimmt waren, kann sich im Verfahren vor der Führerscheinbehörde als belastend erweisen, da sie Zweifel an der Fahreignung eines Führerscheininhabers begründen kann. Es besteht die Möglichkeit, dass die Vorlage eines ärztlichen Gutachtens, sogar die Durchführung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU) gefordert wird mit Abstinenznachweisen. In vielen Fällen ist es daher angeraten, bereits zu Beginn des Strafverfahrens sich in ein anerkanntes Drogenabstinenzprogramm zu begeben, so dass die zu einem späteren Zeitpunkt erforderlichen Nachweise der Führerscheinstelle vorgelegt werden können.

 

Rechtsmittel Berufung: was bedeutet sie, wann empfiehlt sie sich?

Berufung kann gegen Urteile des Amtsgerichts eingelegt werden, nicht gegen Urteile des Landgerichts, gegen diese hat man (nur) das Rechtsmittel der Revision
Die Berufung kann sich gegen das gesamte Urteil wenden und ermöglicht so eine umfassende neue Verhandlung vor dem Landgericht mit Beweisaufnahme, also insbesondere Vernehmung von Zeugen, auch solchen, welche vor dem Amtsgericht noch nicht angehört wurden. So kann mit ihr kann z.B. das Ziel eines Freispruchs weiter verfolgt werden.
Sie kann aber auch auf einzelne Teile eines Urteils beschränkt werden, z.B. die Strafhöhe. Eine solche Beschränkung empfiehlt sich, wenn der Schuldspruch akzeptiert werden soll, das  Amtsgericht aber eine unangemessen harte Strafe verhängt hat. Die Berufung eröffnet so die Möglichkeit, dass die Strafe durch das Landgericht reduziert wird.

Die Berufung ist somit das Rechtsmittel der Wahl, wenn das Urteil des Amtsgerichts zur Gänze falsch oder im Strafausspruch zu hart war.


Rechtsmittel Revision: was bedeutet sie, wann empfiehlt sie sich?

Revision kann gegen Urteile des Landgerichts eingelegt werden, als sog. Sprungrevision auch gegen Urteile des Amtsgerichts.
Das Revisionsverfahren ist grundsätzlich ein schriftliches Verfahren. Es werden Rechtsfragen erörtert - ob die Vorschriften der Strafprozessordnung durch das Landgericht beachtet wurden und ob das materielle Recht, also die Vorschriften des Strafgesetzbuches oder anderer Strafgesetze, richtig angewandt wurden.
Nur ausnahmsweise findet eine mündliche Verhandlung vor dem Revisionsgericht statt. Eine Anhörung von Zeugen oder des Angeklagten erfolgt dort nicht. Auch in dieser mündlichen Verhandlung werden nur Rechtsfragen erörtert.
Die Revision unterscheidet sich somit fundamental von dem Rechtsmittel der Berufung,welches die Möglichkeit einer neuen Verhandlung mit Anhörung des Angeklagten und der Zeugen eröffnet. Es sollte für die Resvionsinstanz ein Strafverteidiger hinzugezogen werden, welcher auch auf das Revisionsrecht spezialisiert ist.

Claudia Wüllrich

Rechtsanwältin

Fachanwältin für Strafrecht
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